
27.05.2025
FODMAP-Expertin Carine Buhmann
Frau Carine Buhmann ist diplomierte Gesundheitsberaterin für Ernährung, Food-Journalistin, Kursleiterin und Autorin erfolgreicher Koch- und Ernährungsbücher.
Ihre Schwerpunktthemen sind Zöliakie und Reizdarm. Im Interview erklärt sie das FODMAP-Konzept im Zusammenhang mit Reizdarm.
Frau Buhmann, das Reizdarmsyndrom (RDS) zählt zu den häufigsten Magen-Darm-Erkrankungen. Fast jede siebte Person ist davon betroffen.
Als mögliche Ursache für das Reizdarmsyndrom werden FODMAPs genannt. Können Sie uns erklären, was FODMAPs sind und in welchen Lebensmitteln sie besonders häufig vorkommen?
Der Begriff „FODMAP“ ist die englische Abkürzung für „Fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und (And) Polyole“ oder mit anderen Worten vergärbare Mehrfach-, Zweifach-, Einfachzucker und Zuckeralkohole. Das sind bestimmte kurzkettige Kohlenhydrate, zu denen beispielsweise Fruktane, Laktose und Fruktose zählen. Viele Gemüse- und Fruchtsorten, wie etwa Blumenkohl, Knoblauch und Zwiebeln sowie Stein- und Trockenobst oder auch Äpfel sind FODMAP-reich. Ebenfalls einen hohen FODMAP-Gehalt besitzen Weizen, Roggen, Gerste sowie Hülsenfrüchte, Pilze, Cashewnüsse, Milch und Milchprodukte, ebenso Honig und Fertigprodukte mit Sorbit- oder Fruktose-Zusatz (z. B. in Sportriegeln).
FODMAPs sind grundsätzlich nicht ungesund. Bestimmte FODMAPs sind gutes Futter für nützliche Darmbakterien.
Was ist dann aber das Problem mit den FODMAPs?
Auch wenn FODMAPs teilweise sogar präbiotische Eigenschaften besitzen und gut fürs Darmmilieu sind, reagieren Reizdarmbetroffene mit unterschiedlich starken Beschwerden auf FODMAP-reiche Lebensmittel. Größere Mengen FODMAPs können bei ihnen im Dünndarm nicht oder nur unvollständig verdaut werden. So gelangen die Zuckerarten unverdaut in den Dickdarm und werden dort von den Darmbakterien fermentiert bzw. vergoren. Dabei entstehen Gase, welche die Darmwand dehnen, was zu Schmerzen führt. Außerdem wirken gewisse FODMAPs osmotisch, das heißt, sie ziehen Wasser in den Dickdarm. Die verstärkte Gasbildung und die erhöhte Wasseransammlung führen bei Menschen mit Reizdarmsyndrom zu Blähbauch, Bauchkrämpfen und Durchfall, teils auch im Wechsel mit Verstopfung.
Menschen mit Reizdarm wird eine Ernährungsweise nach dem FODMAP-Konzept empfohlen. Was ist das FODMAP-Konzept und wer hat es entwickelt? Ist es erfolgreich?
Wissenschaftler der Monash Universität in Australien fanden heraus, dass bestimmte kurzkettige Kohlenhydrate bei empfindlichen Menschen Beschwerden verursachen können. Diese Zuckerarten nannten sie FODMAPs. Basierend auf ihren Erkenntnissen entwickelten sie die «Low FOMDAP-diet», bekannt als das «FODMAP-Konzept». Mit Hilfe umfangreicher Analysen teilte das Forscherteam die Lebensmittel einem einfachen farbigen Ampelsystem zu. So lässt sich leicht erkennen, welche Lebensmittel in welchen Mengen nur wenige FODMAPs enthalten (grün), welche einen mittleren FODMAP-Gehalt aufweisen (orange) und welche Nahrungsmittel FODMAP-reich sind (rot). Beim FODMAP-Konzept geht es um ein Ernährungsprogramm in drei Phasen, in denen man den FODMAP-Gehalt der Nahrungsmittel berücksichtigt.
Die klinischen Studien der Monash Universität haben die Wirksamkeit des FODMAP-Konzepts belegt. Die FODMAP-Ernährungstherapie ist wissenschaftlich anerkannt und wird in der deutschen S3-Leitlinie zu Reizdarm als wirkungsvolle Maßnahme empfohlen. Bei etwa 75 Prozent der Reizdarmbetroffenen ist die FODMAP-angepasste Ernährung erfolgreich und kann die Beschwerden deutlich reduzieren und die Lebensqualität verbessern.
Wie wendet man das FODMAP-Konzept an?
Zu Beginn verzichten die Betroffenen auf FODMAP-reiche Lebensmittel. Diese Eliminationsphase dauert vier bis maximal sechs Wochen. Diese relativ strenge Phase dient dazu herauszufinden, ob die Ernährungsumstellung die Beschwerden lindert. Wichtig ist, nicht einfach Lebensmittel wegzulassen, sondern durch FODMAP-arme Alternativen zu ersetzen, zum Beispiel Kiwi statt Apfel oder Karotten statt grüne Erbsen. Sobald sich die Beschwerden deutlich bessern, testet man schrittweise Lebensmittel mit einem mittleren oder hohen FODMAP-Gehalt auf die individuelle Verträglichkeit. Das ist die so genannte Toleranzfindungsphase, auch als Wiedereinführungsphase bezeichnet. Diese kann unterschiedlich lange dauern und liefert wertvolle Erkenntnisse, welche Nahrungsmittel in welcher Menge oder in welcher Kombination Symptome auslösen. Basierend auf den persönlichen Erfahrungen ist der Übergang in die Langzeiternährung, also die dritte Phase, fließend. Langfristig soll die Ernährung ausgewogen sein und möglichst wenig oder keine Beschwerden verursachen. Man darf allerdings nicht vergessen, dass andere Faktoren wie Stress die Symptome auslösen und verstärken können. Deshalb gibt es verschiedene Behandlungsansätze, wobei das FODMAP-Ernährungskonzept eine zentrale Rolle spielt.
Für den Einstieg sind eine gute Planung und die Begleitung einer Ernährungsfachkraft empfehlenswert. Low FODMAP geschulte professionelle Fachpersonen können Reizdarmbetroffene individuell beraten. Das FODMAP-Konzept ist nicht so kompliziert, wie man vielleicht zu Beginn vermuten würde. So gibt es nützliche Lebensmitteltabellen und Listen nach einem leicht verständlichen Ampelsystem sowie die Monash FODMAP App als wertvolle Orientierung. Und natürlich helfen auch Kochbücher mit geeigneten Rezeptideen und Menüvorschlägen, um die Ernährung im Alltag umzusetzen. Das FODMAP-Konzept ist keine Diät im eigentlichen Sinne, sondern eine FODMAP-bewusste Ernährung, bei der auch die Familie mitessen kann.
Eignet sich das FODMAP-Konzept auch für Vegetarier und Veganer?
Auch ohne Fleisch oder Fisch ist diese Ernährungsweise für Ovo-Lakto-Vegetarier gut anzuwenden. Veganer sollten sich jedoch informieren und professionell beraten lassen. Denn die wichtigen eiweißreichen Hülsenfrüchte sind FODMAP-reich. Es gilt deshalb, die Lebensmittel gezielt auszuwählen und zu kombinieren, um mögliche Nährstoffdefizite auszugleichen.
Wie beurteilen Sie das FODMAP-Konzept im Zusammenhang mit allgemeinen Darmbeschwerden oder einer Zöliakie (Glutenintoleranz)?
Regelmäßige oder länger anhaltende Darmbeschwerden benötigen in jedem Fall eine sorgfältige ärztliche Abklärung. Denn eine Unverträglichkeit auf Milchzucker (Laktose), Fruchtzucker (Fruktose) oder Gluten kann sich mit ähnlichen Beschwerden zeigen. Während sich eine Zöliakie mittels einer Darmbiopsie eindeutig diagnostizieren lässt, wird bei einem Reizdarmsyndrom die Diagnose durch klar definierte Ausschlusskriterien gestellt. Das FODMAP-Ernährungskonzept ist zwar glutenarm, aber nicht immer glutenfrei. Deshalb ist es wichtig, dass bei Darmbeschwerden eine Zöliakie und andere mögliche Erkrankungen ausgeschlossen sind, bevor man mit dem FODMAP-Konzept beginnt. Bei einer diagnostizierten Zöliakie müssen sich Betroffene lebenslang strikt glutenfrei ernähren, auch kleinste Spuren Gluten sind zu meiden. Bei einer Laktose-Intoleranz oder Fruktose-Malabsorption genügt es meist, größere Mengen von laktose- und fruktosehaltigen Lebensmitteln zu meiden. Das ist ein wichtiger Unterschied. Das FODMAP-Konzept empfiehlt sich vor allem bei Reizdarmsyndrom.
Sie haben zwei FODMAP-Kochbücher geschrieben: „Die FODMAP-Küche bei Reizdarm“ und „Das FODMAP-Konzept – leichte Küche bei Reizdarm“. Welche Punkte waren Ihnen dabei besonders wichtig?
Mit den Büchern möchte ich eine einfache praktische Hilfestellung geben, wie Reizdarmbetroffene das FODMAP-Konzept im Alltag erfolgreich umsetzen können. Einerseits war es mir wichtig, das FODMAP-Ernährungskonzept leicht verständlich zu erklären und andererseits sollten die Rezepte unkompliziert sein und keine großen Kocherfahrungen voraussetzen. Mit der Fülle an unterschiedlichen Rezepten lassen sich ausgewogene und gesunde Gerichte zusammenstellen. Zudem durften nützliche Tipps, z. B. zur Resteverwertung oder zum Mitnehmen für unterwegs, und Rezeptvarianten, Wochenpläne sowie häufig gestellte Fragen und Antworten nicht fehlen. Und natürlich finden sich in den Büchern hilfreiche Lebensmitteltabellen nach dem Ampelsystem, damit sich die Leserinnen und Leser schneller orientieren und ihre Einkäufe und Mahlzeiten besser planen können.
In gängigen Rezepten finden sich häufig FODMAP-reiche Zwiebeln und Knoblauch. Verraten Sie uns, wie man diese Zutaten ersetzen kann?
FODMAPs sind wasser-, aber nicht fettlöslich. Deshalb kann man sich mit einem selbst gemachten Zwiebel- und Knoblauchöl gut behelfen. Oder man lässt halbierte Knoblauchzehen in wenig Öl in einem Topf andünsten und entfernt diese vollständig, bevor man das Gemüse zum Andünsten dem aromatisierten Öl zufügt. Eine Alternative ist das Grün von Frühlings- bzw. Bundzwiebeln. Die grünen Stängel sind nämlich FODMAP-arm, das Weiße der Zwiebel jedoch nicht. Ebenso verleiht frisch geschnittener Schnittlauch den Rezepten ein zwiebelähnliches Aroma. Noch wenig bekannt ist Schnittknoblauch, auch als Knoblauchsprossen bezeichnet. Dieses Gewürzkraut lässt sich wie Schnittlauch als kleine Portion fein geschnitten über Salate oder Gerichte streuen und gibt ein mildes Knoblaucharoma. Aufpassen muss man bei (Gemüse-)Brühen und Streuwürzen, denn darin verstecken sich häufig FODMAPs. Inzwischen sind einige wenige FODMAP-arme Brühen ohne Zwiebeln und Knoblauch im Handel erhältlich.
Zu guter Letzt: Was können Sie zu den glutenfreien Backwaren von Schnitzer GLUTENFREIHEIT mit Blick auf das FODMAP-Konzept sagen?
Zunächst sollte man sich bewusst machen, dass FODMAPs nichts mit Gluten zu tun haben. FODMAPs sind Kohlenhydrate und Gluten ist ein Protein, nämlich das Klebereiweiß in bestimmten Getreidesorten. Für Reizdarmbetroffene sind die glutenfreien Backwaren von Schnitzer deshalb sehr interessant, weil dafür Mais und Reis verwendet werden. Diese Getreide hat die Monash Universität mit einem deutlich geringeren FODMAP-Gehalt eingestuft als Weizen und Roggen. Ich finde es großartig, dass Schnitzer bereits über ein Dutzend verschiedener Produkte wie Baguette, Panini, Sauerteigbrot anbietet, die von der Monash Universität als FODMAP-arm zertifiziert sind. Als Gesundheitsberaterin für Ernährung achte ich zudem auf den Gehalt an Nährstoffen und Nahrungsfasern. Auch hier überzeugen mich die Schnitzer Produkte. Die glutenfreien und FODMAP-armen Baguettes mag ich persönlich sehr gerne. Und Bio-Qualität liegt mir sowieso am Herzen, weil mir Nachhaltigkeit und Natürlichkeit wichtig sind.
Danke, liebe Frau Buhmann!

Swiss Gourmetbook Award 2025: Gold für«Die FODMAP-Küche bei Reizdarm»
Das Buch «Die FODMAP-Küche bei Reizdarm – 130 Rezepte zum Genießen und Wohlfühlen» von Carine Buhmann wurde mit dem Swiss Gourmetbook Award in der Kategorie Gesundheit mit der GOLD-Medaille ausgezeichnet.
Beurteilungskriterien waren u.a. Präsentation, Layout, Fotos, Gliederung, Preis-Leistung, fachliche Richtigkeit, Schreibstil und Informationsgehalt.
Weitere Infos auf: www.fodmap-konzept.ch